Der Prozess, Tag 19
Der Richter plant weitere Verhandlungstage. Ein ehemaliger Mitarbeiter berichtet von Unregelmäßigkeiten im Zyto-Labor. Die Nebenklage beantragt, Betroffene als Zeugen zu hören.
Der Richter plant weitere Verhandlungstage. Ein ehemaliger Mitarbeiter berichtet von Unregelmäßigkeiten im Zyto-Labor. Die Nebenklage beantragt, Betroffene als Zeugen zu hören.
Der Richter könnte schon im März sein Urteil fällen. Das würde bedeuten, Onkologen und Betroffene würden nicht mehr als Zeugen geladen. Die Nebenklage beantragt einen Informanten von CORRECTIV als Zeugen zu hören. Zyto-Reste werden zu einem Dilemma für Peter Stadtmanns Verteidigung.
Ein Skandal um gepanschte Krebsmedikamente hat erhebliche Lücken bei der Kontrolle von Apotheken offenbart. Die Aufsicht ist Ländersache. Einheitliche Standards fehlen. Einzelne Politiker versuchen jetzt, das Thema in die Bundespolitik zu tragen. Die Bundesregierung weicht erst einmal aus.
Der Richter verpflichtet die Amtsapothekerin zur Aussage. Sie hält Zyto-Proben für nicht untersuchbar. Die Nebenklage spricht von bandenmäßigem Betrug. Ein PTA-Lehrer informierte die Amtsapothekerin im April 2016 über mögliche Missstände in der Alten Apotheke.
Nach Recherchen von CORRECTIV wurde die Amtsapothekerin Hannelie Lochte im April 2016 über Unregelmäßigkeiten in der Alten Apotheke Bottrop informiert. Lochte bestätigte vor Gericht, dass sie um formal abgelaufene Wirkstoffe in der Apotheke wusste, die in den Verkauf kamen. So genannte „Anbrüche“. Allerdings hätte der Umgang mit den Mitteln kein Vergehen dargestellt. Ein Informant berichtet dagegen, er habe die Amtsapothekerin gezielt über die Verarbeitung von abgelaufenen Wirkstoffen informiert, der weit über die Verwendung von „Anbrüchen“ hinausgeht. Es steht Aussage gegen Aussage.
Ohne die Aussage Martin Porwolls wäre der Skandal um gepanschte Krebsmedikamente vielleicht nie aufgeflogen. Vor Gericht spricht der Whistleblower über Interna der Alten Apotheke. Er berichtet von Mitarbeitern, die zunehmend Verdacht schöpften und von Stadtmanns Mutter, in deren Privatkeller abgelaufene Zytostatika gelagert haben sollen. Porwolls Auftritt ist eloquent und überzeugend. Die Verteidigung bleibt zahnlos.
Mehrere Zeugen haben im Prozess um die gepanschten Krebsmittel ausgesagt, dass die Mutter des Angeklagten Peter Stadtmann von Missständen innerhalb der Alten Apotheke wusste. Zudem liegen uns Fotos vor, die abgelaufene Medikamente im Keller der Mutter zeigen. Dies sind Hinweise darauf, dass die Mutter entweder die Missstände nicht abstellen konnte oder wollte. Ist die Mutter damit überhaupt zuverlässig genug, eine Apotheke zu führen? Die Frage ist entscheidend. Ist sie nicht zuverlässig, muss ihr die Stadt Bottrop die Betriebsgenehmigung entziehen. Wir haben nachgefragt. Die Stadt drückt sich schwammig aus.
Eine “gute Freundin” Stadtmanns berichtet, wie der Apotheker mit großzügigen Geschenken Freunde suchte und täglich mit seiner Mutter und chronischen Kopfschmerzen um die Vorherrschaft in der Alten Apotheke kämpfte. Den Kampf habe er nur an manchen Tagen gewonnen.
Starkregen überflutet immer öfter Städte und Gemeinden. Kommunen in NRW arbeiten deshalb an Warn-Karten, die flutgefährdete Straßen und Häuser zeigen. Es gibt bei einigen Kommunen Bedenken gegen eine Veröffentlichung: Die Grundstückspreise könnten sinken, die Versicherungsprämien steigen. Das Land empfiehlt dennoch einen offenen Zugang.
Am vierzehnten Verhandlungstag im Fall der gepanschten Krebsmedikamente aus der Alten Apotheke in Bottrop berichtet eine ehemalige Angestellte von einem „Zyto-Keller”, in dem Zytostatika gelagert wurden. 2014 sei dort eine große Lieferung von Wirkstoffen aufgetaucht.
Eine zu geringe Dosierung von Antikörpern in Krebsmedikamenten ist bei Menschen nachweisbar. Das bestätigt jetzt auch Siegfried Giess vor dem Essener Landgericht, wo wegen der gestreckten Arznei aus der Bottroper Alten Apotheke verhandelt wird. Giess ist in dem Verfahren gegen Apotheker Peter Stadtmann der Sachverständige des bundeseigenen Paul-Ehrlich-Instituts. Fatal: Die Staatsanwaltschaft versäumte eine zeitnahe systematische Blutentnahme der betroffenen Patienten.
Wenige Wochen nachdem der Skandal um die Alte Apotheke in Bottrop aufflog, ließ die Mutter* von Peter Stadtmann den Betrieb der Alte Apotheke auf sich übertragen. Zweifel der Gesundheitsbehörden an ihrer Zuverlässigkeit zerstreute ihr Anwalt, der auch ihren Sohn vertrat: Es dürfe keine Sippenhaft geben. Seine Mandantin habe von dem Tun ihres Sohnes nichts gewusst, teilte der Anwalt mit. Doch ist die Mutter von Peter Stadtmann tatsächlich so ahnungslos? Informationen, die CORRECTIV vorliegen, erwecken Zweifel. Peter Stadtmann ist angeklagt, tausende Krebspatienten mit gepanschten Arzneien versorgt zu haben. Wie groß die Zahl seiner Opfer ist, bleibt unklar. Peter Stadtmann schweigt weiter im Prozess vor dem Landgericht Essen. Seine Anwälte widersprechen der Anklage.