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Missbrauch in der katholischen Kirche
CORRECTIV recherchiert mit Medienpartnern seit 2018 zum Missbrauch in der katholischen Kirche am Beispiel des Täters Peter H. Der ehemalige Priester wurde von 1973 bis 2010 in NRW und Bayern von Gemeinde zu Gemeinde geschickt, wo er Dutzende Jungen missbrauchte.
Häufig gestellte Fragen
Strafrechtlich sind die bisher bekannten Taten des Priesters H. verjährt. Der Kläger und dessen Anwalt Andreas Schulz sehen aber die Möglichkeit, über eine zivilrechtliche Feststellungsklage die Verantwortung des Priesters sowie der vorgesetzten Bischöfe bis hoch zum Ex-Papst vor dem Landgericht Traunstein feststellen zu lassen. Für die Aufarbeitung der Fälle von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche könnte diese Klage Signalwirkung haben.
Berichte über massenhaften Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche weltweit begannen mit der Recherche des Boston Globe in den USA 2002. Der systematische Missbrauch in Irland, Frankreich und Australien wurde öffentlich, 2010 erreichte die Missbrauchsdebatte auch Deutschland. Immer war die zentrale Frage: was wussten der Vatikan und der Papst über den Missbrauch.
Die New York Times-Recherche legte damals die direkte Mitverantwortung des deutschen Papstes für die Wiedereinsetzung des Priesters H. offen, der vorher Kinder missbraucht hatte, was der Kirche bekannt war. In Studien und Untersuchungen versuchen die Bistümer und die deutsche Bischofskonferenz seither das Ausmaß und die Gründe für den Missbrauch aufzuklären. Am 20. Januar veröffentlicht die Münchner Anwaltskanzlei Kanzlei Westpfahl, Spilker, Wastl die Untersuchung zum sexuellen Missbrauch im Erzbistum München und Freising, die die Kirche in Auftrag gegeben hatte. Der Fall H. wird in dieser Studie eine zentrale Rolle einnehmen. Bis heute ist nicht über Entschädigungszahlungen für die tausenden Opfer des Missbrauchs in Deutschland entschieden.
Das Erzbistum München und Freising hatte die Rechtsanwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) beauftragt, die Dimension des sexuellen Missbrauchs im Bistum seit 1949 sowie den Umgang mit den Fällen innerhalb der Kirche zu untersuchen. Für das Gutachten wurden Opfer und Zeugen befragt. Die Anwälte gehen von mindestens 497 Geschädigten aus, in 42 Fällen wurden Unterlagen an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Den Gutachtern zufolge tragen Vorgesetzte der katholischen Kirche eine Mitverantwortung. Ein eigener Teil des Gutachtens beschäftigt sich mit dem Fall des Priesters H., der in Bayern über Jahrzehnte eingesetzt wurde, obwohl der Kirchenleitung sein pädokriminelles Verhalten bekannt war. Ein neuer Zeuge, der sich im Vorfeld gegenüber CORRECTIV und dem BR geäußert hat, berichtet dort von Missbrauch durch H. bis in die 1990er Jahre.
Das Gutachten wurde am 20. Januar 2022 vorgestellt und veröffentlicht.
Auch dem ehemaligen Papst Benedikt XVI. wird Fehlverhalten in vier Fällen im Zusammenhang mit sexuellen Missbrauch durch Priester vorgeworfen. Kardinal Joseph Ratzinger war ab 1977 mehrere Jahre Erzbischof in München und Freising. In dieser Position sei er mitverantwortlich gewesen, sein Verhalten muss nach Ansicht der Gutachter neu bewertet werden. In diese Zeit fällt auch der Fall des Priesters H., von dem der ehemalige Papst gewusst haben soll. Dieser bestreitet, Kenntnis von dem Verhalten des Priesters gehabt zu haben. Ratzinger hat in einem 82-seitigen Schreiben ausführlich auf Fragen der Anwälte geantwortet, das auch Teil des Gutachtens ist.