„Früher war es auch schon heiß…“ – wie man Klimafakes widerlegt

In der Steinzeit war es wärmer als heute, Windräder sind gar nicht klimafreundlich und E-Autos kommen im Winter nicht weit? Bei unserer fiktiven Grillparty kommt nicht nur Oma Elisabeths Nudelsalat auf den Tisch, sondern auch die hartnäckigste Klima-Desinformation. Finde mit den Gästen der Grillparty heraus, wie du die Fakes entlarvst.

„Aber früher war es doch auch schon heiß…“
– wie man Klimafakes widerlegt

In der Steinzeit war es wärmer als heute, Windräder sind gar nicht klimafreundlich und E-Autos kommen im Winter nicht weit? Bei unserer fiktiven Grillparty kommt nicht nur Oma Elisabeths Nudelsalat auf den Tisch, sondern auch die hartnäckigste Klima-Desinformation. Finde mit den Gästen der Grillparty heraus, wie du die Fakes entlarvst.

08. Oktober 2024

Kapitelübersicht

„E-Autos sind brandgefährlich!“

Stefan ist mit dem E-Auto zur Grillparty von Oma Elisabeth gekommen. Seine Schwester Sarah nimmt ihn mit ihrem Sohn Levin in Empfang.

Sarah

Sag mal, wie viel hat das E-Auto eigentlich gekostet?

Stefan

Ach, das ist mein Firmenwagen.

Sarah

Damit macht ihr doch bestimmt Greenwashing für eure Firmenbilanz. Nachhaltiger als ein Verbrenner ist das doch auch nicht.

Levin

Und die Dinger gehen ständig in Flammen auf. Ich würde in so einem nicht mitfahren.

Sarah

Außerdem ist die Batterie im Winter total schnell leer. Wenn man mal zwei, drei Stunden im Stau steht, dann war’s das.

Stefan

Ich habe das Gefühl, gegen E-Autos wird richtig viel gehetzt. Seitdem ich viel damit unterwegs bin, bekomme ich ständig Videos von angeblichen E-Auto-Explosionen zugeschickt. Dabei brennen E-Autos gar nicht häufiger als Benziner oder Diesel. Aber ja, wegen der Batterien sind sie etwas aufwändiger zu löschen. Die Videos, die ich so bekomme, zeigen dann oft aber gar keine E-Autos.

Und was die Umweltbilanz angeht: Klar, E-Autos brauchen in der Produktion mehr kritische Rohstoffe und Seltene Erden als Verbrenner.

Aber nach 52.000 bis 115.000 Kilometern Fahrt – das kommt auf die Batterie an – spart man im Vergleich zu Verbrennern CO2 ein. Vor allem, wenn der Strom aus Erneuerbaren Energien kommt. Und zum Winter: Wenn man im Stau steht und die Batterie zu dem Zeitpunkt nicht gerade fast leer ist, hält sie sogar mit eingeschalteter Klimaanlage mehr als drei Stunden durch.

„Hilfe, die EU will mich aus meinem Haus werfen!“

Oma Elisabeth ist seit 15 Jahren Witwe. In ihrem geliebten Häuschen hat sie ihren Sohn Mike großgezogen.

Oma Elisabeth

Dieser ganze grüne Umweltwahn bringt mich noch um den Verstand!

Mike

Was meinst du?

Oma Elisabeth

Hast du das nicht mitbekommen? Wenn ich das Haus nicht saniere, schmeißt mich die EU raus, um dem Klima was Gutes zu tun!

Mike

Mama, die EU hat beschlossen, dass der Energieverbrauch von Wohnhäusern bis 2030 um 16 Prozent sinken soll. Das heißt aber nicht, dass du aus deinem Haus ausziehen musst. Es geht dabei vor allem um Neubauten. Die müssen in Zukunft mit mindestens 65 Prozent Erneuerbaren Energien beheizt werden. Und die Regierung kommt auch nicht vorbei und reißt dir deine Gasheizung aus dem Keller. Die darfst du so lange behalten, bis sie kaputt ist und sich nicht mehr reparieren lässt.

„Überschwemmungen waren früher doch viel schlimmer!“

Sarah und ihr Partner Mike wollen ein Haus kaufen. Seit Monaten schon sucht Mike nach passenden Angeboten. Doch Sarah hat Bedenken.

Mike

Schau mal, dieses Haus im Havelland könnten wir am Samstag besichtigen. Richtig schön und günstig.

Sarah

Ja, ich kann mir denken, warum das so günstig ist. Das Havelland ist total stark vom Klimawandel betroffen: Wassermangel, Starkregen und Überschwemmungen …

Mike

Du übertreibst mal wieder völlig. Früher waren Überschwemmungen viel heftiger.

Stefan

Und wie kann das Havelland gleichzeitig von Starkregen und Wassermangel betroffen sein? Das ergibt doch keinen Sinn!

Sarah

Doch, das ergibt Sinn. Letztes Jahr haben Journalistinnen und Journalisten die Extremwetter-Risiken in allen deutschen Landkreisen und Städten recherchiert. Da sieht man, dass das Havelland mit Dürren zu kämpfen hat.

Das Havelland hat letzten Sommer wegen der Wasserknappheit sogar das Gartenwässern eingeschränkt. Ein Haus mit Garten aber ohne Wasser – super!

Klar, gab es Starkregen und Überschwemmungen auch schon früher – genauso wie andere Extremwetter. Das ist aber kein Widerspruch, das hab ich dir schon so oft erklärt, Mike: Zum einen ist Wetter nicht gleich Klima. Und außerdem sagen Expertinnen und Experten, dass solche Extremwetter zunehmend häufiger auftreten – und auch intensiver werden.

Forscherinnen und Forscher nutzen Simulationen, um zu vergleichen, ob und wie stark ein Extremwetterereignis mit oder ohne menschlichen Einfluss auf den Klimawandel stattgefunden hätte. Erinnert ihr euch an die Hitzewellen 2020 in Sibirien oder 2023 in Thailand? Die wären ohne den menschengemachten Klimawandel quasi unmöglich gewesen. Oder die Flutkatastrophe im Ahrtal: Die wurde durch die globale Erwärmung wahrscheinlicher und intensiver.

Das ist auch nur logisch, denn eine wärmere Atmosphäre kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen, was zu mehr Regen führt. 

Und Stefan: Nur weil es ab und zu stark regnet, heißt das nicht, dass eine Region nicht gleichzeitig von Dürre betroffen sein kann. Durch mehr Hitzeperioden trocknen Böden aus und dann können sie die Mengen an Regen gar nicht mehr aufnehmen, der fließt dann teilweise oberflächlich ab oder verdunstet über Pflanzen.

„Windräder schaden dem Klima!“

Der Hauskauf von Mike und Sarah beschäftigt auch Lilly, Mikes Tochter. Obwohl sie meist nicht die Meinung ihres Vaters teilt, springt sie ihm jetzt zur Seite und gerät prompt mit Sarahs Bruder Stefan aneinander.

Lilly

Das Haus im Havelland könntet ihr euch trotzdem anschauen, der Landkreis plant schon Maßnahmen gegen die Folgen des Klimawandels. Zum Beispiel wollen sie dürreresistente Bäume und Pflanzen pflanzen und haben Überflutungsflächen für Hochwasser geschaffen.

Stefan

Ich hab auch mal gehört, dass die einen der größten Windparks in Deutschland haben.

Lilly

Na ja, dafür wurde aber bestimmt jede Menge Wald abgeholzt. Dabei kann der doch viel mehr CO2 aufnehmen, als so eine Anlage einspart.

Stefan

Du immer mit deiner Technologiefeindlichkeit.

Lilly

Hast du schon mal gesehen, wie groß so ein Fundament für ein Windrad ist? So viel Zement kann nicht klimafreundlich sein!

Stefan

Lassen wir mal die gefühlten Wahrheiten weg und kommen zu den Fakten: Für ein Windrad muss etwa ein halber Hektar Wald gerodet werden. In Deutschland bindet ein halber Hektar Wald etwa  2,8 Tonnen CO2 pro Jahr. Ein Windrad vermeidet aber mindestens 3.600 Tonnen CO2 im Jahr. Zudem spart es meistens schon im ersten Jahr die CO2-Emissionen wieder ein, die über den gesamten Lebenszyklus entstehen – auch die Emissionen für den Zement im Fundament.

„Klimawandel gab es doch schon in der Steinzeit!“

Endlich wird gegessen! Doch Vorsicht, sogar Omas Nudelsalat wird zum Auslöser für Streitereien über das Klima.

Oma Elisabeth

Sarah, möchtest du was von meinem köstlichen Nudelsalat?

Sarah

Danke, aber ich esse doch kein Getreide mehr.

Oma Elisabeth

Ach, warum das denn?

Lilly

Das nennt sich Paleo, Oma. Da ernährt man sich angeblich wie die Menschen in der Steinzeit. Gut für das Klima ist das allerdings nicht, weil man zum Beispiel viel Fleisch isst.

Oma Elisabeth

Ah ja? Meine Nachbarin hat mir erzählt, in der Steinzeit waren die Temperaturen höher als heute, obwohl die Menschen kein CO2 in die Luft gepustet haben.

Mike

Ja, und vor 1.000 Jahren waren doch sogar die Alpen fast eisfrei. Ziemlich widersprüchlich die Wissenschaft, aber deren Modelle sind ja eh auch nur Simulationen!

Lilly

Stimmt, Schwankungen beim Klima hat es immer gegeben. Aber deswegen zu denken, dass es keinen menschengemachten Klimawandel gibt, vernebelt die Unterschiede zwischen damals und heute.

Das Klima wandelte sich in der Vergangenheit immer wieder durch natürliche Ursachen wie Vulkanausbrüche oder die veränderte Sonneneinstrahlung. Beim Klimawandel heute ist das aber nicht entscheidend. Durch natürliche Klimafaktoren brauchte es in der Vergangenheit hunderte oder tausende Jahre für solche Temperaturanstiege, wie wir sie jetzt innerhalb weniger Jahrzehnte erleben.

Die Temperatur steigt außerdem mittlerweile nicht nur in manchen Regionen der Welt, sondern überall. Das hat es in den letzten 10.000 Jahren nicht gegeben. Experten sind sich einig, dass menschengemachte Emissionen dafür die Ursache sind.

Und Papa: Ja, die Alpengletscher sind von Zeit zu Zeit geschrumpft, das stimmt, zum Beispiel auch schon vor etwa 5.000 oder 1.000 Jahren – aber auch das passierte über lange Zeiträume. Seit den 1980er Jahren schmelzen sie viel schneller und in einem Ausmaß, das einzigartig ist.

Aber klar, Klimamodelle, die die Zukunft betreffen, sind mit Unsicherheit verbunden. Es gab Modelle, die die Entwicklungen überschätzt haben, aber auch welche, die sie unterschätzt haben. Viele der Vorhersagen, schon aus den 1970er Jahren, stimmten aber mit späteren Messungen überein. Und die Modelle entwickeln sich immer weiter und werden präziser.

„Aber früher war es doch auch schon heiß?!“

Nicht nur die Temperaturen sind gestiegen, auch die Stimmung hat sich jetzt aufgeheizt. Oma Elisabeth wechselt deswegen demonstrativ das Thema. Doch die Rechnung hat sie ohne Stefan gemacht.

Oma Elisabeth

Stefan, wie läuft es denn auf deiner Arbeit?

Stefan

Gut, aber anstrengend. Nach all den Überstunden bin ich wirklich urlaubsreif. Ich hätte Lust auf Griechenland oder die Malediven.

Oma Elisabeth

Ach, es ist mittlerweile so heiß hier in Deutschland, dass man gar nicht mehr wegfliegen muss.

Stefan

Früher war es doch auch schon heiß oder sogar heißer. Das ist doch alles Panikmache! Und wem schadet das bisschen Hitze schon?

Sarah

Da täuschst du dich aber, Bruderherz. Die Forschung ist sich bei keinem Extremwetter so einig wie beim Zusammenhang zwischen dem Klimawandel und der Zunahme von Hitze. Klar gab es früher einzelne heiße Sommer, aber Wetterdaten belegen, dass die seit den 1990er Jahren in Deutschland immer häufiger werden. Und auch die Anzahl der richtig heißen Tage, also mit über 30 Grad, hat pro Jahr hierzulande deutlich zugenommen – seit den 1950er-Jahren hat sie sich sogar verdreifacht. Die vier wärmsten Sommer der Messgeschichte waren alle in den 2000er Jahren.

Das ist keine Panikmache und auch nicht ungefährlich. Es gibt einen klaren Zusammenhang zwischen extremer Hitze, Rettungseinsätzen und höheren Todeszahlen. Und wenn es dann auch noch zu Dürren kommt und die Schiffe nicht mehr auf den Flüssen fahren können, schadet das zusätzlich auch noch der Wirtschaft.

„Immer diese Panik in den Medien.“

Bevor die Stimmung kippt, wechselt Sarah lieber das Thema. Was könnte unverfänglicher sein als das Tourismus-Studium von Stieftochter Lilly?

Sarah

Wie läuft es mit deinem Studium?

Lilly

Eigentlich bin ich echt zufrieden. Aber für die Tourismusbranche ist der Klimawandel ein Desaster.

Sarah

Es wird doch immer schöne Fleckchen geben, die die Menschen bereisen wollen.

Lilly

Schon. Aber überleg mal alleine im letzten Jahr: Die Dürre in Südfrankreich, da reichte das Wasser kaum für die Landwirte und die Touristen gleichzeitig.

Sarah

Stimmt, hatten die nicht sogar 2022 Atomkraftwerke abgeschaltet, weil das Kühlwasser zu warm war?

Lilly

Ja, bei fünf Stück war das damals so. Letztes Jahr dann noch 42 Grad auf Korsika, Feuer auf Rhodos und Feuer in Kanada, die sogar New York City vernebelt haben.

Sarah

Da gab’s doch diese Bilder von dem orangen Rauch. Das war krass.

Stefan

Ach, jetzt macht hier mal nicht so Endzeitstimmung. Die Medien übertreiben doch. Habt ihr gesehen, wie das Rot in den Wetterkarten der Tagesschau immer drastischer wird?

Lilly

Was dein Medienbashing angeht: Nicht nur das Rot in den Wetterkarten ist über die Jahre kräftiger geworden, sondern auch das Blau, das Gelb und das Grün. Das hat technische und gestalterische Gründe – damit du als Zuschauer direkt siehst, wo es wärmer und wo es kälter ist. Ich habe gesehen, dass Leute im Internet Collagen verbreiten, wo sie Wetterkarten nebeneinander stellen, die eigentlich gar nicht vergleichbar sind. Damit soll doch nur Stimmung gemacht werden.

Und zu der Sache mit den Waldbränden: Vielleicht hat nicht jeder Waldbrand was mit dem Klimawandel zu tun. Aber durch den Klimawandel – der ja Trockenheit und Dürre auslöst – werden sie extremer und teilweise auch wahrscheinlicher. Bei den Feuern in Kanada haben Forschende zum Beispiel herausgefunden, dass der Klimawandel es bis zu sieben Mal wahrscheinlicher gemacht hat, dass sowas passiert. Das lag vor allem daran, dass es außergewöhnlich heiß und sehr lange trocken war. Dann haben sich Gewitter zusammengebraut und die Blitze lösten Brände aus. Die einzig gute Nachricht: Viele Länder bereiten sich mittlerweile besser vor – auch Deutschland. Hier verbrennt schon seit Anfang der 1990er weniger Wald als vorher, mit Ausnahme der Dürrejahre 2018 und 2019.

„Der Meeresspiegel steigt doch gar nicht!“

Levin hat keinen Bock mehr auf die Diskussionen der Erwachsenen. Zeit, sich ein bisschen auf Tiktok abzulenken!

Levin

Guck mal Papa!

Mike

Ist das wieder eins von deinen Tiktok-Videos? Du verschwendest viel zu viel Zeit mit diesem Mist.

Levin

Boah Papa, jetzt guck doch mal…das ist wirklich interessant.

Mike

Ich seh‘ da nur einen Messbecher mit Wasser und Eis … spektakulär!

Levin

Du bist so doof, manchmal! Das Eis schmilzt, aber im Becher ist dann gar nicht mehr Wasser. Das beweist doch, dass der Meeresspiegel auch nicht steigt, wenn das Eis an den Polen schmilzt!

Mike

Das ist doch Quatsch! Der Meeresspiegel steigt seit Jahrzehnten, und zwar immer schneller. Das belegen Messstationen und keine Messbecher. Ich habe da ein Faktencheck-Video für dich, schau mal!

Diskutierst du auch manchmal mit deinen Freundinnen und Freunden oder Verwandten über komplexe Themen? Schwirrt dir der Kopf, weil du dir unsicher bist, was stimmt und was nicht? Probier mal unseren Whatsapp-Chatbot aus und schick uns mögliche Falschbehauptungen zu. Und falls du dich selbst mal im Faktenchecken ausprobieren willst – schau im Faktenforum vorbei.

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