„Auf eine Shisha mit…” ist eine Workshop-Reihe, die CORRECTIV zusammen mit der Bundeszentrale für politische Bildung entwickelt hat. Wir sind durch Deutschland gereist, um mit jungen Türkischstämmigen darüber zu sprechen, was sie bewegt. Gemeinsam haben wir nach Wegen gesucht, wie sich alle hier wohlfühlen können. Eine Reise, von der wir viel gelernt haben - und an der sich Schulen und Jugendgruppen orientieren können.

Jedes Jahr wird neu darüber debattiert, ob die Integration von Deutschtürken nun gelungen ist oder nicht. Meistens wird dabei über die Türkischstämmigen gesprochen, weniger mit ihnen. Das wollten wir anders machen.  Zusammen mit dem Schwestermedium ÖZGÜRÜZ (dt. “Wir sind frei”) ist CORRECTIV über Monate hinweg durch das ganze Land gereist, durch kleine Dörfer wie Hassloch oder Ellwangen und Großstädte wie Hamburg und Berlin. Das Ziel war immer das gleiche: junge türkischstämmige Menschen treffen und mit ihnen einen Dialog starten.

Im Zuge dieser Workshop-Reihe haben wir Methoden, Geschichten und Handouts entwickelt, wie jeder, ganz gleich ob in der Schule, im Verein oder Kulturcafé, dazu beitragen kann, Deutschtürken und ihren Herausforderungen auf Augenhöhe zu begegnen.  

Eine überfällige Reise

Viele der jungen Menschen mit türkischen Wurzeln, haben wir festgestellt, fühlen sich in Deutschland verloren. Millionen junger Deutschtürken leiden unter Fehlern und Versäumnissen der vergangenen 50 Jahre Integrationspolitik.

Die Integrationsdebatten erreichten in diesem Jahr einen neuen Höhepunkt. Vor der FIFA-Fußball Weltmeisterschaft in Russland ließen sich die gebürtigen Gelsenkirchener Mesut Özil und Ilkay Gündoğan mit den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan ablichten. Wochenlang hagelte es Kritik, Özil trat aus der Mannschaft aus. Während die einen Rassismus in der Nationalmannschaft und dem DFB anprangerten, warfen die anderen Özil und mit ihm einem größeren Teil der türkischstämmigen Gemeinschaft vor, sich nicht genügend anzustrengen.

Auslöser für ähnliche Debatten waren in vergangenen Jahren Veröffentlichungen von Heinz Buschkowsky oder Thilo Sarrazin sowie Wahlen in der Türkei, bei denen Präsident Recep Tayyip Erdoğan von einer großen Unterstützung durch türkische Staatsbürger in Deutschland profitierte.

Die Zeichen stehen in Deutschland also auf Konfrontation. Auf der einen Seite befindet sich eine Community mit Wurzeln in der Türkei, die ihre Heimat überwiegend in der Türkei sieht und vermehrt versucht, den türkischen Teil ihrer Identität zu schützen und zu bewahren. Auf der anderen Seite ein Teil der deutschen Bevölkerung, der durch die landesweit erstarkende Alternative für Deutschland (AfD) immer weiter nach rechts rückt und auf Demonstrationen wie Pegida in Dresden ihren fremdenfeindlichen Hass offen kund tut. Auch innertürkische Konflikte werden häufig in Deutschland ausgetragen.  

Die Shisha als Schlüssel

Unser Projekt ist der Versuch, dieser Konfrontation ein anderes Narrativ entgegenzusetzen. Vor unserer Reise haben wir 20 Themenschwerpunkte definiert, über die wir uns den Problemen der türkischstämmigen Menschen nähern wollten.

 

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Auf eine Shisha mit...

Correctiv

 

Vielleicht noch wichtiger für die Verständigung erschien uns aber das passende Werkzeug. Deshalb packte unser Volontär Hüdaverdi Güngör eine Shisha ins Gepäck. Die Shisha ist aus der türkischen Kultur nicht wegzudenken und hat sich auch in Deutschland fest etabliert. Sobald das Wasser in der Pfeife gluckst und süßliche Schwaden aufsteigen, macht sich eine entspannte Atmosphäre breit, in der es sich auf Augenhöhe diskutieren lässt. Die ideale Basis also für unsere Web- und Workshopserie.

Die Webserie

Die Schwerpunkte haben wir mit dem Leben echter Menschen und ihrer Geschichten gefüllt, mit ihren Erfahrungen und Meinungen. Nach denen wurden die meisten von ihnen noch nie zuvor gefragt, sie standen vorher nicht in der Öffentlichkeit. In Berlin sind wir zum Beispiel unter dem Schwerpunkt Arbeit der Frage nachgegangen, ob türkische Männer ihre Frauen wirklich nicht arbeiten schicken. In Ellwangen trafen wir einen jungen Deutschtürken, der mit 21 Jahren ein Auto für 50000 Euro fährt. Woher hatte er das Geld?

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Die Workshops

Um die Nachhaltigkeit unseres Projektes zu steigern, haben wir zu jedem Schwerpunkt Workshops mit jeweils 10–15 Teilnehmern durchgeführt. Mit ihnen haben wir Methoden erarbeitet, wie man Probleme angehen und Zeichen setzen kann. In fast allen Workshops kamen starke Emotionen hoch, etwa in Dortmund, als es darum ging, wie man sich familiärem Druck widersetzt. Oder in Hamburg, wo Teilnehmer ihre Erfahrungen mit Alltagsrassismus schilderten.

Jetzt bist Du gefragt!

Diese Seite ist für Menschen, die mit uns dazu beitragen möchten, dass sich jeder in diesem Land zuhause fühlt. Um mehr Menschen zu erreichen, sind wir auf dich angewiesen. Für jeden unserer Themenschwerpunkte haben wir einen Artikel mit relevanten Informationen zusammengestellt sowie ein Handouts verfasst, mit dem auch du einen Workshop durchführen kannst. Wir übergeben Dir also unseren Werkzeugkasten.

Hinter dem Projekt „Auf eine Shisha…” stehen:

CORRECTIV ist das erste gemeinnützige Recherchezentrum im deutschsprachigen Raum. Wir recherchieren langfristig zu Themen, die für die Entwicklung unserer Gesellschaft wichtig sind. Wir wollen jeder Bürgerin und jedem Bürger Informationen geben, damit sie oder er die Welt besser verstehen und und eigene Handlungsansätze finden kann. Das ist unser Ziel. CORRECTIV versteht sich als Antwort auf die Medienkrise. Sinkende Verkäufe und Werbeeinnahmen setzen die Medien unter finanziellen Druck und gefährden ihre Wächterfunktion. CORRECTIV finanziert sich vor allem durch Mitgliedsbeiträge sowie Zuwendungen von Stiftungen. Die Organisation widmet sich in erster Linie aufwändigen und investigativen Recherchen, oft in Kooperation mit traditionellen Medien. Ergebnisse und Geschichten veröffentlicht CORRECTIV auf der eigene Webseite und reicht seine Recherchen an Zeitungen und Zeitschriften, Radio- und Fernsehsender weiter. Darüber hinaus betreibt CORRECTIV ein Bildungsprogramm, um die Methoden des aufklärenden Journalismus weiterzugeben. Dazu gehören das “Campfire-Festival” und die Reporterfabrik, deren Onlinekurse Bürger dazu befähigt, sich selbst Informationen zu beschaffen und journalistisch aktiv zu werden.

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#ÖZGÜRÜZ, ist ein auf türkisch und deutsch erscheinendes Online-Magazin, das das Recherchezentrum CORRECTIV zusammen mit dem türkischen Exil-Journalisten Can Dündar ins Leben gerufen hat. Ziel unseres Exil-Mediums ist, den Menschen in der Türkei ungefilterte Nachrichten und investigative Berichte aus der Türkei zukommen zu lassen und der zunehmenden politischen Polarisierung unter Deutschtürken entgegenzuwirken.

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Unser Volontär Hüdaverdi Güngör

Correctiv

HÜDAVERDI GÜNGÖR engagiert sich seit fünf Jahren für eine Gesellschaft, in der Deutsche und türkischstämmige Menschen gut miteinander auskommen. Mit der Veröfentlichung seiner Dokumentation „Obdachlos – 4 Tage ein Penner” wollte er zeigen, dass die Probleme dieses Landes jeden angehen und seine Mitbürger motivieren, die Gesellschaft mitzugestalten. Für sein Engagement erhielt er bereits mehrere Preise. Seit 2017 ist er Volontär bei CORRECTIV.


Mit Unterstützung der Bundeszentrale für politische Bildung 

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