In eigener Sache

Das hat CORRECTIV 2023 bewirkt

Die Bundesregierung leitet eine Untersuchung ein, ein Gericht verhandelt gegen den Ex-Papst, eine Sanktion wird verhängt: Die Recherchen von CORRECTIV hatten auch 2023 wieder unmittelbare Folgen. Wir zeigen, was sich zum Besseren entwickelt hat.

von Justus von Daniels

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Die Bundesregierung hat eine Untersuchung eingeleitet; ein weltliches Gericht stellt die Verantwortung eines ehemaligen Papstes fest; eine Sanktion wird verhängt; eine Bürgerinitiative bildet sich: Dass wir an den richtigen Stellen bohren, zeigt sich daran, dass unsere Recherchen auch im zurückliegenden Jahr unmittelbar wirkten.

Wir haben klare Schwerpunkte, recherchieren etwa intensiv über die Folgen des Klimawandels, über wachsende Ungleichheit, über die Radikalisierung der politischen Rechten oder zu politischer Beeinflussung durch autokratische Regime. Unser Ziel ist es, eine starke, eine mutige demokratische Gesellschaft zu unterstützen. Unsere Recherchen haben regelmäßig direkte Wirkung.

Unsere Reporterinnen und Reporter stellen Ihnen hier einige Highlights vor, wozu CORRECTIV-Recherchen geführt haben:

Regierung untersucht staatliche Bank

Im September konnten wir gemeinsam mit unserem paraguayischen Partnermedium El Surtidor aufdecken, dass die staatliche Entwicklungsbank DEG über Jahre Abholzung von Wald in Paraguay mitfinanzierte – mit Rückendeckung der Bundesregierung.

Als Reaktion auf unsere Recherche forderte zunächst die Linke im Bundestag den sofortigen Rückzug der DEG aus dem Investment und eine Überprüfung sämtlicher DEG-Finanzierungen. Kritik an der Bank kam auch aus dem EU-Parlament. Der Fall zeige, dass Finanzinstitute die „großen Ermöglicher“ von Entwaldung und freiwillige Selbstverpflichtungen zum Waldschutz nicht ausreichend seien, sagte Delara Burkhardt, umweltpolitische Sprecherin der SPD-Europaabgeordneten. „Ohne ihre Kredite, Versicherungen oder Garantien wären viele Wirtschaftsaktivitäten, die auf der Zerstörung von Wäldern fußen, gar nicht erst möglich.“ Kurz darauf hat die Bundesregierung auf unsere Recherche reagiert: So forderte das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) eine Überprüfung des Projektes. Der letzte Stand: Die DEG hat eine „externe Validierung zu den Flächen“ beauftragt, wie das BMZ mitteilte. Vermutlich wird sich die Untersuchung noch eine ganze Weile ziehen. Natürlich bleiben wir für Sie dran. 

Gesa Steeger

Das Ende einer Skandalfirma

Im Mai deckte CORRECTIV gemeinsam mit dem Schweizer Sender SRF systematische Unstimmigkeiten bei der Schweizer Gutachtenfirma PMEDA auf: Die Firma begutachtete im Auftrag der Schweizer Sozialversicherung die Arbeitsfähigkeit von Schwerkranken. Sie wurde geleitet von einem deutschen Arzt – dem Jägermeister-Erben Henning Mast – und setzte vor allem deutsche Ärzte ein, „Flugärzte“, wie Schweizer Medien schreiben. Seit Jahren bereits häuften sich in der Schweiz Berichte über dubiose Methoden bei der PMEDA; die Rede war von Schludrigkeiten und Ungereimtheiten in den Gutachten.

Die Recherche zeigte: Die Gutachten strotzen nur so vor Fehlern – die in aller Regel zu Lasten der Versicherten zu gehen schienen. Nachweislich Schwerkranke, die von PMEDA-Ärzten als arbeitsfähig eingestuft wurden, erhielten in der Folge keine Rente.

Fünf Monate nach Veröffentlichung der Recherche beendeten die Behörden die Zusammenarbeit mit der PMEDA. Eine unabhängige Überprüfung habe „gravierende formale und inhaltliche Mängel“ festgestellt. Ende November folgte das letzte Kapitel: Dem Schweizer Handelsregister ist zu entnehmen, dass die Firma geschlossen wird: Die PMEDA ist in Liquidation.

Gabriela Keller

CORRECTIV-Klage gegen Sachsen-Anhalt erfolgreich

Es ist schon bemerkenswert, dass wir eine Behörde verklagen mussten, um Informationen über die größten Wassernutzer zu erhalten. Am Ende waren wir erfolgreich.

In den Recherchen zu unserem Schwerpunkt-Thema „Kampf um Wasser“ zeigen wir kontinuierlich, dass sich die Konflikte um Wasser deutschlandweit verschärfen. Wir haben mit unserem Grundwasseratlas sichtbar gemacht, dass das Grundwasser in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten drastisch gesunken ist. Zuletzt haben wir gezeigt, dass der Kohlekonzern Leag die Trinkwasserversorgung einer ganzen Region gefährdet.

Nicht immer waren unsere Ansprechpartner dabei kooperativ. Als Beispiel: Als wir die Bundesländer nach den größten industriellen Wassernutzern fragten, verweigerten uns viele Behörden die Informationen. In Sachsen-Anhalt zogen wir am Ende vor Gericht. Mit Erfolg: Kurz bevor das Verwaltungsgericht Halle ein Urteil sprechen konnte, knickte das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt ein und lieferte die gewünschten Informationen.

Bei unserer Klage ging es uns auch um Transparenz. Denn Wasser ist in Deutschland ein Allgemeingut und gehört uns allen. Daher sollte auch öffentlich gemacht werden, wer Wasser im großen Stil nutzt und vor allem wofür. Dafür bleiben wir auch im kommenden Jahr an dem Schwerpunkt zu Wasser dran. 

Und nicht nur auf behördlicher Ebene haben unsere bisherigen Recherchen Wirkung gezeigt. Der NGO Campact dienten unsere Veröffentlichungen als Grundlage für eine Petition zum Schutz des Trinkwassers vor Privatisierung. Deutschlandweit haben mittlerweile über 500.000 Menschen unterzeichnet.

Gesa Steeger

Ein Papst vor einem weltlichen Gericht

In der nun fast 2000-jährigen Kirchengeschichte hat bisher kein weltliches Gericht über die Taten eines Papstes verhandelt. Doch im vergangenen Jahr dann die ungewöhnliche Premiere: Im Juni stellte das Landgericht Traunstein eine Pflichtverletzung des verstorbenen Papstes Benedikt XVI. bei der Wiedereinsetzung eines klerikalen Missbrauchstäters fest.  

Die Zivilklage gegen den Missbrauchstäter, das Erzbistum München und Freising und den deutschen Papst war eine Folge jahrelanger CORRECTIV-Recherchen. Sie untersuchte die Verantwortung Kardinal Joseph Ratzingers, dem späteren Papst, für den Missbrauchspriester Peter. H. in der oberbayerischen Gemeinde Garching an der Alz. Am Silvestertag 2022 verstarb Benedikt XVI., doch bei einer Zivilklage gehen die Ansprüche des Klägers auf die Erben über.

Jahrelang waren Medien weltweit hinterher, die Verantwortung des damaligen Papstes nachzuweisen, da er direkt mit dem Missbrauchspriester H. befasst war. CORRECTIV konnte schließlich zeigen, dass Ratzinger die Verantwortung für den erneuten Wiedereinsatz des Priesters nach dessen Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs trug. Wir kamen an einen Brief, in dem Ratzinger als Chef der Glaubenskongregation dem Priester erlaubte, Messfeiern mit Traubensaft zu feiern. In diesem Briefwechsel ging es auch ausdrücklich um die damals bekannten Taten des Priesters. Kurz danach wurde H. in der Gemeinde Garching eingesetzt, wo er mehrere Jungen missbrauchte. 

Die Recherche zu dem Brief führte nun dazu, dass das Landgericht Traunstein das Verfahren gegen die Erben des deutschen Papstes fortführt. Zur Zeit sucht das Gericht die Erben, während die Bemühungen zur Seligsprechung des deutschen Papstes seither verstummt sind.

Marcus Bensmann

Stadtwerke treten aus Gas-Lobbyverband aus

Die meisten Stadtwerke sind in öffentlicher Hand – und müssten sich als solche für gesellschaftliche und politisch vereinbarte Ziele wie die Energiewende einsetzen. Wir deckten in unserer Recherche allerdings auf, dass mehr als 70 Stadtwerke teilweise sechsstellige jährliche Mitgliedsbeiträge für den Lobbyverband Zukunft Gas zahlten. 

Kurz nach unserer Publikation sind dann tatsächlich ein Viertel der fast 100 Stadtwerke und regionalen Energieversorger ausgetreten. Beispielsweise kündigten das Stadtwerk am See in Friedrichshafen, die Stadtwerke Eutin sowie die Gelsenwasser Energienetze GmbH, die Gasnetze von vier Dutzend Städten und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen betreut. Das bedeutet: CORRECTIV konnte in den Städten eine Diskussion über ihre einseitigen Lobby-Subventionen lostreten. 

Katarina Huth

Sanktionen gegen iranischen Internetdienst

Eine investigative Recherche von CORRECTIV, taz und netzpolitik.org enthüllte im Oktober 2022, wie das iranische Regime das Internet kontrolliert und dabei Verbindungen nach Deutschland nutzte. Im Fokus stand die Firma Abr Arvan, die mit dem deutschen Unternehmen Softqloud GmbH zusammenarbeitete. Diese Partnerschaft ermöglichte Abr Arvan Zugang zu internationalen Datencentern.

Die Berichterstattung hat erhebliche Auswirkungen: Die EU und die USA haben Abr Arvan auf ihre Sanktionslisten gesetzt, und Softqloud hat daraufhin die Verbindungen zu Abr Arvan gekappt. Dies zeigt, wie investigativer Journalismus zur Aufdeckung und zum Handeln gegen Unternehmenspraktiken führen kann, die potenziell Menschenrechte und Internetfreiheit untergraben.

Jean Peters

Bürgerinitiative kämpft gegen Investor

Ein geplanter Riesen-Solarpark, rund 80 Kilometer entfernt von Berlin, ein Agrarkonzern und ein Wald, in dem viele bedrohte Tierarten leben: Im Mai 2022 berichteten wir, dass die Lindhorst-Gruppe auf der Fläche eines Waldes ein gewaltiges Solarkraftwerk mit Gewerbe- und Industriepark bauen will. 

Bis zur Veröffentlichung gab es daran praktisch keine Kritik – da der Wald bereits seit vielen Jahren wegen militärischer Rückstände abgesperrt ist, hatte kaum ein Anwohner eine Beziehung zu dem Biotop. Aber gerade weil die Menschen kaum Zugang zu dem Gebiet hatten, wurden dort viele seltene Arten heimisch. Der Investor, die Lindhorst-Gruppe, hat sich vor allem mit Massentiertransporten und Intensivlandwirtschaft einen Namen gemacht, zunehmend aber setzt die Firmengruppe auf vermeintlich grüne Projekte – etwa Solarparks, auch auf Agrarflächen und betreibt  Umweltschutz-PR, Kritiker sprechen von Greenwashing.

Die CORRECTIV-Berichterstattung stieß eine lokale Initiative und politische Debatte über die Zukunft des Waldes an: Eine Bürgerinitiative hat sich formiert, kämpft für den Erhalt des Waldes. Im Juni versuchte Lindhorst es bereits mit einem Kompromiss: Der Solarpark soll nun ein Stück kleiner ausfallen, kündigte die Firmengruppe an. Aber Umweltschützer und Anwohner protestieren weiter gegen die geplante Abholzung. Ein vermeintliches Dilemma: Denn Solarflächen müssen für die Energiewende ausgebaut werden. Dieser Fall zeigt, dass Großinvestoren allerdings nicht immer danach suchen, welche Flächen dafür geeignet sind, sondern welche Flächen sich möglichst billig nutzen lassen. Zuletzt ging sogar der Bürgermeister der zuständigen Gemeinde Bad Freienwalde auf Distanz. 

Gabriela Keller

Das Saarland fordert ein Verbot von Werkverträgen in der Paketbranche

Im Juli konnten wir zusammen mit dem Saarländischen Rundfunk und der Nordsee-Zeitung aufdecken, wie Amazon die Ausbeutung von Fahrern in Subunternehmen begünstigt.

In Deutschland nutzt der Onlineversandhändler hunderte solcher offiziell unabhängiger Kurierfirmen. In der Vergangenheit hat Amazon stets betont, wie eigenständig diese Kurierunternehmen agieren könnten. Und sah sich nicht in der Verantwortung, wenn dort schlechte Arbeitsbedingungen bekannt wurden. Interne Unterlagen zeigen aber, wie der Logistik-Riese die Kurierfirmen unter Druck setzt und ihre Fahrer auf Schritt und Tritt überwacht.

Im September verabschiedete der saarländische Landtag anschließend die Forderung, dass das bundesweite Paketboten-Schutz-Gesetz verschärft werden soll. Unternehmen wie Amazon sollen dem Willen des Landtags zufolge nicht mehr mit Subunternehmen zusammenarbeiten und keine Werkverträge mehr abschließen dürfen. Ähnlich wie dies bereits in der Fleischwirtschaft der Fall ist.

Aktuell wird das Paketboten-Schutz-Gesetz vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales evaluiert. Die Ergebnisse sollen bis Ende 2023 vorliegen.

Miriam Lenz

Alternative für Russland in der öffentlichen Debatte

Die AfD eilt in den Umfragen von Rekordergebnis zu Rekordergebnis. In Bayern und Hessen konnte sie bei den Landtagswahlen einen Stimmenzuwachs bis zu fünf Prozent gewinnen. Bei der AfD steigt mit zunehmendem Erfolg die Radikalität, viele Landesverbände und auch die Jugendorganisation bewertet der Verfassungsschutz bereits als „rechtsextrem“. 

Im nächsten Jahr könnte die AfD im Superwahljahr bei den Europawahlen, den Kommunalwahlen und den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg nach heutigen Umfragen auf 30 Prozent kommen. 

CORRECTIV hat sich in der aufgeregten Debatte, wie mit der AfD umzugehen sei, auf einen Aspekt konzentriert, der so systematisch noch nicht herausgearbeitet wurde. Die AfD wandelte sich an ihrem zehnjährigen Bestehen von der Partei der Westbindung zu einer Partei, die sich nach Russland orientiert. Wir haben diese Wendung anhand von Reden, Reisen und Programmen in Die Alternative für Russland nachgezeichnet. Die Recherche zeigt, wie auch Kampfbegriffe der russischen Nationalisten in die Reden der AfD-Politiker und bis in die Programme der AfD vordringen.

Die Recherche hat in Deutschland eine breite Debatte über die Russland-Bindung der AfD angestoßen. Verschiedene Medien vom Deutschlandfunk bis zu Lokalzeitungen nahmen unsere Auswertung der AfD-Wendung nach Russland auf, auch führende Politiker und Politikerinnen griffen die Recherche auf.

Marcus Bensmann

Zwei Justizministerien prüfen Regeln für Verteilung von Geldauflagen

Dieses Thema beschäftigt mich, seitdem es CORRECTIV gibt. Richter und Staatsanwältinnen verteilen in Deutschland jährlich Millionen Euro aus eingestellten Strafverfahren. Sie können frei entscheiden, welche Vereine Geld bekommen. Nur: Es gibt seit Jahren Kritik an der Intransparenz. In den vergangenen neun Jahren haben wir in einer Datenbank transparent gemacht, an wen mehr als eine Milliarde Euro verteilt wurden. Und wir deckten mehrere Fälle auf, in denen nahestehende Einrichtungen gefördert wurden. In mehreren Bundesländern wurden daraufhin die Regeln für die Verteilung der Geldauflagen verändert und teilweise auch transparenter. 

In unserer neuesten Veröffentlichung nutzen wir einen anderen Hebel, indem wir über unser Netzwerk CORRECTIV.Lokal mit Lokalmedien aus ganz Deutschland zusammenarbeiten. Sie berichteten in mehr als 60 Artikeln auf lokaler Ebene. Anschließend begannen mit Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern gleich zwei Bundesländer das Regelwerk zu prüfen. Das ist im Fall von Baden-Württemberg besonders interessant: Denn dort veröffentlicht die Justiz als einziges Bundesland die Geldflüsse nicht landesweit. So waren Kontrollen kaum möglich, Interessenskonflikte fielen nicht auf. Hartnäckigkeit lohnt sich. 

Jonathan Sachse

Deutsche Waffen für Russland – Gehen die Lieferungen einfach weiter?

Anfang November deckten wir auf, dass trotz Russlands Angriffskrieges auf die Ukraine noch mindestens bis Mitte dieses Jahres weiter in großem Stil Schusswaffen und Munition westlicher Hersteller nach Russland gelangten. Auch aus Deutschland. Und das trotz der geltenden Sanktionen.

Der Grund ist, dass es sich offiziell um Jagd- und Sportwaffen handelt. Diese dürfen zwar nicht direkt nach Russland verkauft werden, wohl aber ins Ausland. Und unsere Recherche zeigte, dass die verborgenen Lieferketten offenbar gut funktionieren, zum Beispiel über Kasachstan.

Nachdem wir unsere Recherche veröffentlichten, wurde zum einen die Staatsanwaltschaft Ravensburg aktiv. Sie prüft seither, ob sie offizielle Ermittlungen gegen den Jagdwaffenhersteller Blaser einleiten kann. 

Zum anderen wurden Politiker auf mehreren Ebenen hellhörig: In Sachsen-Anhalt (wo einer der betroffenen Munitionshersteller sitzt) stellte die Linke-Fraktion eine offizielle Frage an die Landesregierung: ob sie diese Lieferungen wohl unterbinden kann. Auch auf EU-Ebene wird die Recherche nun diskutiert. Es geht um die Frage, ob die Europäische Union Exporte ziviler Schusswaffen stärker als bisher beschränken könnte.

Anette Dowideit

Uni setzt umstrittenes Programm mit China aus

Wir haben im März gemeinsam mit Kolleginnen der Deutschen Welle über ein chinesisches Spitzenstipendium berichtet, den sogenannten China Scholarship Council (CSC). Dafür werteten wir aktuelle Verträge aus, die Studierende dafür unterzeichnen müssen. Die haben es in sich: Sie verpflichten sich demnach zu bedingungsloser Staatstreue, ihre Eltern müssen für sie bürgen und dürfen das Land nicht verlassen. Bei Nichteinhaltung drohen hohe Strafen.

Expertinnen und Politiker kritisierten diese Praxis stark; die Studierenden könnten so nicht ihr Recht auf freie Meinungsäußerung an deutschen Universitäten wahrnehmen. Aufgrund unserer Berichterstattung entschied sich die Uni Erlangen dafür, das Programm auszusetzen. Seitdem werden dort keine Studierende mit dem CSC-Stipendium mehr zugelassen. 

Till Eckert

Der Kohlekonzern und das Wasser: Journalismus auf der Bühne

Am 23. September feierte „Das Kraftwerk“ unter Regie von Aram Tafreshian Premiere, ein Stück, das auf CORRECTIV-Recherchen basiert. Die Informationen, die wir über Monate zusammengetragen hatten, verwandelten sich in Personen und Geschichten. Was der Kohlebergbau in der Lausitz für die Wasserversorgung und vor allem für die Menschen in der Region bedeutet, wurde erleb- und vor allem fühlbar. 

Öffentlich wurde nun, wie die Leag fünf Millionen Euro für ein Wasserwerk in Frankfurt (Oder) bezahlt, damit die vom Bergbau ausgeschwemmten Sulfate besser verdünnt werden können. Im Gegenzug verpflichtete sich die Stadt, nie wieder den Anschein zu erwecken, der Bergbau beinträchtige die Wasserqualität. Ein höchst umstrittener Deal. 

Nach den stehenden Ovationen sprachen Journalistinnen und Journalisten im Foyer des Theaters mit dem Publikum. Viele von ihnen kommen selbst aus der Region und kennen den Einfluss des Kohlekonzerns Leag. Nie waren sich Theater und Journalismus, ein Bühnen-Ensemble, Journalistinnen und Zuschauer so nah.

Das Theaterstück ist in Cottbus seitdem zum Stadtgespräch geworden, alle Tickets sind ausverkauft. Es ist das meistgesehene Stück in den Kammerspielen am Staatstheater.

Eine Woche nach Premierenabend lud das Staatstheater Cottbus zur Podiumsdiskussion ein. Das Besondere: Die Person, die in unserem Artikel wegen des Leag-Schweigedeals kritisiert wurde, reiste selbst an. Welche Redaktion spricht schon auf der Bühne mit den kritisierten Personen aus ihren Texten? So stellte sich der Oberbürgermeister von Frankfurt (Oder) René Wilke unserer Kritik. Mehr als zwei Stunden wurde leidenschaftlich gesprochen und gestritten. Wir bleiben weiter an dem Thema dran.

Annika Joeres

Millionen Menschen lesen Faktenchecks von CORRECTIV

Der Kampf gegen Desinformation fühlt sich manchmal an wie der Versuch, mit einem Wasserschlauch einen Waldbrand löschen zu wollen. Es werden viel mehr Desinformationen mit immenser Durchschlagskraft auf Sozialen Netzwerken verbreitet als es Faktencheckerinnen und Faktenchecker gibt, die dagegen mit transparent recherchierten Fakten vorgehen können. Trotzdem machen wir weiter. Wir haben mehr als 450 Faktenchecks veröffentlicht, die Millionen Mal gelesen wurden, mehr als 100.000 Menschen haben unseren neu gestarteten WhatsApp-Kanal in diesem Jahr abonniert. Vor allem Themen rund um Migration, den Klimawandel, aber auch den Krieg in der Ukraine und im Nahen Osten haben uns dabei umgetrieben. 

Doch um wirklich zu verstehen, warum Desinformation die Demokratie und unser Zusammenleben bedroht, wie Falschbehauptungen als Propagandamittel eingesetzt werden und wer dahintersteckt, reichen Faktenchecks allein nicht aus. Deshalb haben wir einen Podcast produziert. In 6 Episoden von „Fakten, Front und Fakes“ folgen wir den Spuren und Akteuren von Desinformation im Ukraine-Krieg und klären darüber auf, wie wir uns und andere davor schützen können, manipuliert zu werden. 

Wir sind dankbar, wenn uns Leserinnen und Leser Nachrichten schicken, dass wir ihnen helfen, endlich klare Fakten zu einem Thema zu bekommen und damit in Diskussion mit anderen treten zu können. Genau deshalb machen wir weiter!

Uschi Jonas

Wir haben das Ziel, aufzuklären. Wir wollen informieren, damit sich jede und jeder eine fundierte Meinung bilden kann. Wir decken Missstände auf und verfolgen, was sich zum Besseren entwickelt. Wir schaffen Wege, wie sich viele Menschen an offenen Recherchen beteiligen können und eröffnen Debatten darüber, wie Lösungen aussehen. Wir kämpfen, wenn es darum geht, Informationsrechte zu erstreiten, vor Gericht.

Dafür sind unsere Reporterinnen und Reporter unterwegs, kontaktieren Quellen, wühlen sich durch Unterlagen, werten Ergebnisse unserer Beteiligungs-Recherchen – dem CrowdNewsroom – aus oder stellen ihre Ergebnisse vor Ort vor.